Staking im Rahmen der EU-Regulierung

Hamburg, 29. November 2023 - Vor zwei Monaten veröffentlichte die European Blockchain Association eine Studie, die Einblicke von prominenten Persönlichkeiten der Blockchain-Branche enthält, darunter auch eines unserer geschätzten Portfolio-Projekte, Blockpit. Diese Veröffentlichung vertieft sich in die Feinheiten von Staking-Aktivitäten im europäischen regulatorischen Umfeld und untersucht verschiedene Staking-Modelle. Obwohl viele regulatorische Aspekte noch offen sind und weitere Forschung sowie Diskussionen erfordern, liefert die Studie unschätzbare Erkenntnisse. In dieser Zusammenfassung präsentieren wir die zentralen Ergebnisse der Studie und sprechen unseren Dank an die Beitragenden von IOTA, Dentons, INATBA und Tangany für ihre bedeutenden Beiträge aus.

 

AIFMD

AIF steht für Alternative Investmentfonds, und eins der bedeutendsten regulatorischen Rahmenwerke in diesem Zusammenhang ist die AIFMD (Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds). Die AIFMD soll eine Aufsicht und Regulierung für alternative Investmentfonds gewährleisten. Staking-Aktivitäten können gemäß der AIFMD unter bestimmten spezifischen Kriterien in den Anwendungsbereich von AIF fallen. Wenn Investitionen von mehreren Anlegern gemeinsam gesammelt werden und einer klar definierten Anlagepolitik folgen, können sie als alternative Investmentfonds qualifiziert werden. Die Feststellung, ob Staking-Aktivitäten in DeFi-Protokollen die Kriterien der "definierten Politik" erfüllen, gestaltet sich herausfordernd, da die Liquiditätspools von DeFi-Protokollen automatisiert sind und keine Vermittler beteiligt sind. Einige DeFi-Protokolle, die potenziell als AIFs gelten könnten, sind Aave, Uniswap und Compound Finance. Die Einordnung von Staking-Aktivitäten als AIFs unter den Strukturen der AIFMD kann mitunter subjektiv sein. Technisches oder natives Staking fällt beispielsweise nicht in den Anwendungsbereich von AIF, da es keine koordinierte strategische Pooling von Vermögenswerten oder zentralisierte Verwaltung beinhaltet. Die regulatorische Landschaft kann jedoch für andere Formen von Staking-Aktivitäten unterschiedlich sein.

AIF

Die Umsetzung von Verteilungsprozessen innerhalb der Abläufe eines StaaS (Staking-as-a-Service)-Anbieters könnte diesen potenziell in den Bereich der AIFs bringen. Zusätzlich implementieren diese Anbieter spezifische Auslösepunkte in ihren Smart Contracts, die die Verteilung von Belohnungen in Form von Tokens regeln. Diese Struktur könnte dazu führen, dass ihre Verteilungsmechanismen der AIF-Regulierung unterliegen. Es ist jedoch von Bedeutung zu betonen, dass sich Liquid Staking von der Einstufung als AIF unterscheidet. Beim Liquid Staking setzen Token-Inhaber individuell ihre Vermögenswerte ein und behalten die Möglichkeit, sie jederzeit einzulösen. Diese Eigenschaft unterscheidet sich von der Bündelung von Anlegervermögen, die normalerweise mit AIFs in Verbindung steht. Liquid Staking agiert dezentral, wird durch Smart Contracts geregelt und kommt ohne zentrale Verwaltung aus. Falls Vermögenswerte oder die Staking-Aktivitäten eines DeFi-Protokolls als AIFs klassifiziert werden, müssten sie den Anforderungen der AIFMD entsprechen, einschließlich der Bestellung eines Verwahrers. Diese Verwahrer müssen Kapitaladäquanzstandards erfüllen, eine robuste Risikosteuerung durchführen und Offenlegungs- sowie Berichtspflichten erfüllen. Der Hauptunterschied zwischen traditionellen AIFs und den Liquiditätspools von DeFi-Protokollen liegt in ihrem Zweck und ihrer Verwaltung. AIFs streben hauptsächlich an, in Vermögenswerte gemäß vordefinierter Anlagepolitiken zu investieren, was professionelle Verwaltung und Entscheidungsfindung durch einen Manager einschließt. Im Gegensatz dazu dienen die Liquiditätspools von DeFi-Protokollen dazu, Liquidität für dezentrales Handeln bereitzustellen und arbeiten automatisch über Smart Contracts, was den Bedarf an Vermittlern eliminiert.

Staking-Pools weisen einige Merkmale von kollektiven Anlageunternehmungen auf und können als AIFs betrachtet werden. Die Pool-Struktur beinhaltet tatsächlich kollektive Beiträge von mehreren Benutzern, und das Kapital wird von mehreren Investoren aufgebracht. Allerdings erfüllen Staking-Pools nicht das dritte Kriterium, das mit der Investition in Übereinstimmung mit einer definierten Politik zusammenhängt. Die Zinssätze von Staking-Pools werden algorithmisch festgelegt und können je nach Angebot und Nachfrage variieren.

DAC

DAC, die Abkürzung für die Richtlinie über die Verwaltungszusammenarbeit, beinhaltet maßgebliche Vorschriften zur steuerlichen Transparenz, die Krypto-Asset-Transaktionen regeln. Im Rahmen von DAC8 wurde Staking offiziell als Krypto-Asset-Dienstleistung eingestuft. Dies markiert einen historischen Meilenstein, da es die erstmalige Integration von Staking in einen rechtlichen Rahmen durch die Europäische Union bedeutet.

IOSCO

Die IOSCO, abgekürzt für International Organization of Securities Commissions, hat offiziell anerkannt, dass Liquid Staking Ähnlichkeiten mit Derivaten aufweist. Derivate sind im Grunde genommen Wertpapiere, deren Werte von oder abhängig von anderen zugrunde liegenden Vermögenswerten abgeleitet sind.

MiCA

MiCA, die Abkürzung für Markets in Crypto Assets, stellt einen Meilenstein in der Welt der regulatorischen Rahmenbedingungen für Kryptoassets dar. Mit dem Ziel, Verbraucher zu schützen und Risiken auf dem Kryptomarkt zu minimieren, wurde dieser Rahmen im April 2023 formell vom Europäischen Parlament verabschiedet. Er legt den Grundstein für umfassende EU-Marktregulierungen für Krypto-Assets. Beachtenswert ist, dass ein erheblicher Teil der Krypto-Assets, die derzeit nicht unter die Zuständigkeit anderer regulatorischer Regime fallen, in den Anwendungsbereich von MiCA fallen wird. Eine sorgfältige Analyse der MiCA-Vorschriften zeigt Mechanismen auf, die mit Staking-Aktivitäten in Verbindung stehen können. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Staking in den Texten der MiCA-Vorschriften nicht ausdrücklich behandelt wird, was die Haltung gegenüber Staking-Aktivitäten etwas unklar lässt.

MiFID II

MiFIDII, die Abkürzung für die Zweite Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive 2), spielt eine bedeutende Rolle im deutschen Wertpapierhandelsumfeld als eine der gesetzlichen Regelungen, die von der deutschen Finanzaufsichtsbehörde BaFin überwacht werden. Diese Richtlinie ist auf Kryptowährungsunternehmen in Deutschland anwendbar und überprüft, ob Krypto-Assets die Kriterien erfüllen, um als Finanzinstrumente eingestuft zu werden. Eine MiFID II-Genehmigung ist für Handelsaktivitäten erforderlich. Liquid Staking Receipt Tokens hingegen sind Krypto-Assets, die durch programmgesteuerte Prozesse erzeugt werden. Diese Tokens repräsentieren den direkten Einsatz oder Besitz einer Person in einem bestimmten Blockchain-Protokoll, das Mechanismen des Proof of Stake verwendet. Im Gegensatz zu den Definitionen von MiFID entsprechen Liquid Staking Receipt Tokens nicht der Klassifizierung von Finanzinstrumenten. MiFID beschreibt übertragbare Wertpapiere umfassend und umfasst verschiedene Vermögenswerte wie Aktien, Anleihen und Derivate. Im Gegensatz dazu fehlt den Liquid Staking Receipt Tokens die komplexe Struktur, die für traditionelle Wertpapiere charakteristisch ist; sie repräsentieren lediglich die zugrunde liegenden gestakten Vermögenswerte.

POSA

POSA, die Abkürzung für Proof-of-Stake Alliance, ist das Ergebnis von Industrierichtlinien, die sich nach der Zusammenarbeit mehrerer Blockchain-Projekte mit der SEC im Jahr 2019 entwickelt haben. Diese Prinzipien sollen die Entwicklung von Technologien und Innovationen auf Basis von Proof-of-Stake fördern und gleichzeitig die Transparenz im Ökosystem verbessern. Insbesondere setzt sich POSA für die präzise Verwendung von Fachbegriffen ein, warnt vor der Bereitstellung von Anlageberatung und betont die Bedeutung von Sicherheit. Gemäß den Empfehlungen von POSA werden StaaS-Anbieter ermutigt, den Zugang zum Protokoll zu erleichtern, ohne eine übermäßige Kontrolle über die Inflationsrate des Netzwerks zu suggerieren. Des Weiteren spricht sich POSA gegen die Abgabe von Garantien bezüglich der 'Belohnungen' aus, die man erhalten kann.

SINO

SINO, das Akronym für "Staking in Name Only", bezeichnet Prozesse, die, obwohl sie als Staking bezeichnet werden, effektiv als Kreditaktivitäten gelten. Diese Bezeichnung umfasst bestimmte ertragsgenerierende Aktivitäten und Ertragsprogramme, die fälschlicherweise als Staking kategorisiert werden. Im Bereich der Taxonomie und regulatorischen Rahmenbedingungen ist es wichtig, Vorsicht walten zu lassen, wenn der Begriff 'Staking' verwendet wird. Die Verwendung dieses Begriffs sollte bewusster und präziser sein, um die spezifischen Aktivitäten zu identifizieren, auf die er sich bezieht. Durch die Einführung des Konzepts von SINO wird eine klare Unterscheidung zwischen echtem Staking und anderen als 'Staking' bezeichneten Aktivitäten hergestellt, um sicherzustellen, dass sie unterschiedlichen regulatorischen Grundsätzen unterliegen.

 

CCP

CCP, die Abkürzung für Central Counterparty Clearing House, stellt eine wesentliche Komponente im Bereich der Finanzmarktinfrastrukturen dar. Sie erleichtert Transaktionen mit Wertpapieren, Derivaten oder Waren und fungiert als Vermittler zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien. Ein bekanntes Beispiel für eine CCP in der Branche ist LCH.Clearnet. Die Frage lautet, ob Liquid StaaS-Anbieter oder Liquid Staking Receipt Tokens als CCP betrachtet werden können und unter die regulatorischen Rahmenbedingungen der Central Counterparty Clearing Houses fallen. Die Antwort lautet jedoch Nein! Das tun sie nicht. CCPs spielen eine entscheidende Rolle, indem sie die Bedingungen eines Handels sicherstellen, indem sie Mittel von Verkäufer und Käufer sammeln, um das Risiko der Gegenpartei zu minimieren und einen reibungslosen Handelsabschluss zu gewährleisten. Im Gegensatz dazu konzentrieren sich Staking-Protokolle in erster Linie darauf, die Blockchain zu sichern, anstatt Risikomanagement durchzuführen. CCPs erfüllen die Aufgaben von Clearing und Abwicklung, während Liquid Staking-Protokolle diese transaktionalen Funktionen nicht übernehmen. CCPs unterliegen strengen kapital- und betrieblichen Anforderungen, die von der ESMA (European Securities and Markets Authority) überwacht werden. Im Gegensatz dazu unterliegen Liquid Staking-Protokolle keiner direkten behördlichen Überprüfung.

Zukünftige Regelungen

Trotz der erheblichen Anstrengungen der EU, die regulatorischen Rahmenbedingungen im Blockchain-Ökosystem zu verbessern, bleiben zahlreiche wichtige Diskussionen noch offen. Es ist entscheidend, dass Experten der Web3-Branche und EU-Regulierer weiterhin eng zusammenarbeiten und sich aktiv an laufenden Dialogen beteiligen. Diese kooperative Anstrengung ist notwendig, um eine umfassende und eindeutige Taxonomie für Staking-Aktivitäten zu etablieren. Zusätzlich besteht ein dringender Bedarf, die Steuerprinzipien für CASPs (Crypto Assets Service Providers) zu klären und die spezifischen regulatorischen Bestimmungen zu präzisieren, die ihre Geschäftstätigkeiten regeln. Die Definition der regulatorischen Behandlung für die von StaaS-Anbietern bereitgestellten Mikrodienste ist ebenfalls von zentraler Bedeutung. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen Branchenexperten und Regulierungsbehörden wird eine entscheidende Rolle dabei spielen, eine klare und gerechte regulatorische Landschaft für das Blockchain- und Staking-Ökosystem zu schaffen, um allen Beteiligten Klarheit und Stabilität zu bieten.

Über die coinIX GmbH & Co KGaA

Die coinIX GmbH & Co. KGaA mit Sitz in Hamburg wurde 2017 als Beteiligungsgesellschaft gegründet, um Expertise im Bereich Blockchain und Kryptowährungen, bei der Analyse und dem Erwerb digitaler Assets aufzubauen und Investitionen in diesem Sektor zu tätigen. Das coinIX-Team besteht aus Spezialisten mit langjähriger Erfahrung im Asset Management, Venture Capital und in der Analyse von neuen Technologien. Aktuell ist die Gesellschaft in klassische Kryptowerte, Token-Projekte und weitere Beteiligungen an verschiedenen Blockchain-Startups in den dezentralen Märkten investiert. Die Aktien der Gesellschaft sind in den Freiverkehr der Börse Düsseldorf, der Börse Berlin und München einbezogen (WKN: A2LQ1G | ISIN: DE000A2LQ1G5 | Ticker: XCX). www.coinix.capital